Am 3.7.2011 feierte Dr. Wolf Spemann seinen 80sten Geburtstag. 1931 in Frankfurt am Main geboren besuchte er von 1951-1954 die Werkkunst-Schule in Wiesbaden und studierte danach von 1955-1957 an der Kunstakademie Düsseldorf bei Prof. Ewald Mataré. Darauf folgten die Gründung des eigenen Ateliers in Wiesbaden und zahlreiche Ausstellungen im In- und Ausland. 1983 promovierte er zum Thema "Plastisches Gestalten - Anthropologische Aspekte". Von 1991-1995 war er Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Friedhof u. Denkmal und des Museums für Sepulkralkultur in Kassel.
Im Abstand von jeweils ca. zehn Jahren sind Kataloge von Wolf Spemann erschienen: 1987 "Direktkunst. Plastiken – Objekte", 1998 "Kugel, Rad und Pendel. Plastiken und Objekte" sowie 2007 „Plastiken und Objekte“. Letzterer beinhaltet eine Retrospektive mit Werken aus den Jahren 1957-2007, die an vier Orten in Wiesbaden zu sehen waren. Schon durch die Titel wird deutlich, wo seine Schwerpunkte liegen: Plastiken, zumeist aus Holz und/oder Bronze sowie Objekte aus den verschiedensten Materialien. Oft sind es auch überraschende Fundstücke und Materialverbindungen, welche die Faszination der Arbeiten ausmachen oder die eigene Wahrnehmung irritieren. Thematisch drehen sich – im wahrsten Sinne des Wortes – die meisten plastischen Arbeiten von Wolf Spemann um den Mensch. Verbunden mit Motiven wie Kreis, Rad oder Kugel geht es um Paarbeziehungen, Bewegung und Tod, immer auch das Sinnliche, das Haptische im Blick. Seine Objekte hingegen sind geprägt von politischen und umweltbezogenen Themen wie z. B. das Werk „Auf Messers Schneide“, mit dem er 1988 die Verharmlosung der Atomkraft aufgriff. Dieses sind allerdings nur Hauptmotive, die sich durch sein Werk und Schaffen wie ein roter Faden hindurchziehen. Wer Wolf Spemanns Werke sehen möchte, findet auf seiner Website (http://www.spemann-skulpturen.de) zahlreiche Abbildungen zu Plastiken, Objekten und Zeichnungen. Daneben lässt sich der Katalog von 2007 sogar als pdf-Dokument herunterladen (http://www.spemann-skulpturen.de/katalog.pdf). Soviel zu den Fakten und zur künstlerischen Vita, wie sie verschiedenen Veröffentlichungen zu entnehmen sind.
Abb. 1: Besuch der documenta IX, (auf Jan Hoet wartend). Rechts außen Wolf Spemann, ganz links sitzend Günter Jung, der leider viel zu früh verstorbene Werkstattleiter des Instituts. |
Neben dem Künstler gibt es aber auch den Pädagogen Wolf Spemann, der von 1975-1993 die Professur für Plastik und Design am Institut für Kunstpädagogik inne hatte. Bis zu seiner Pensionierung 1993 hatte ich das Glück, ihn noch „im Keller“ und in Vorlesungen erleben zu können. So z. B. 1992 im Oberseminar Plastik zum Thema documenta und beim gemeinsamen Besuch der dIX (Abb. 1) oder 1993 beim einwöchigen Steinseminar bei der Firma Thust in Balduinstein/Lahn (Abb. 2+3). Seine künstlerischen Ansichten, immer auf den Menschen bezogen, äußerten sich konsequenterweise auch in seiner Lehre und in den Formen der Vermittlung. Nicht nur ich habe Wolf Spemann als einen zugänglichen, ruhigen und den Studierenden mit Wertschätzung gegenüber tretenden Professor erlebt. Seine bestimmte, aber höfliche Art zeichneten ihn im doch oftmals unpersönlichen Universitätsbetrieb aus. Die Auseinandersetzung mit ihm, die auf Praxisbezug ausgerichtete und trotzdem anspruchsvolle Arbeit im Bereich Plastik und Design haben mich beeindruckt und meine eigene pädagogische Tätigkeit im Umgang mit Schülerinnen und Schülern bis heute beeinflusst. Seine vielleicht unbequeme, aber klare Sicht der Dinge zeigt sich exemplarisch in einem Zeitungsartikel, der mir beim Schreiben dieser Zeilen wieder in die Hände fiel: Zu Wolf Spemanns Abschiedsvorlesung erschien der Artikel „Berührung erschließt die Welt“ in der FAZ vom 16.7.1993. Dort wird er zitiert mit einer Aussage, die leider auch nach fast 20 Jahren noch Gültigkeit hat: „Die Schule hinkt der Entwicklung der Medien hinterher und verpasst damit die Möglichkeit, in pädagogisch verantwortungsvoller Weise Einfluss zu nehmen.“
Abb. 2: Wohl verdiente Pause beim Steinseminar in Balduinstein: Marmor macht müde (und hungrig...) |
Abb. 3: Wolf Spemann bei der Arbeit an der Marmorskulptur „Pendelspur“. |
Michael Schacht
Zum Autor:
Michael Schacht unterrichtet Bildende Kunst am Gymnasium Edenkoben in Rheinland-Pfalz. Er studierte von 1991-1997 am Institut für Kunstpädagogik und war dort danach bis 2004 wissenschaftlicher Mitarbeiter.
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