12. Alumni Treffen am 10. Februar 2015




Liebe Ehemalige und Studierende des Instituts für Kunstpädagogik!

Am Dienstag, den 10. Februar 2015 hat unser 12. Alumni-Treffen zum Abschluss des Wintersemesters 2014/2015 stattgefunden. Aline von der Assen, die seit dem letzten Sommer die Organisation der Alumni-Initiative Kunstpädagogik betreut, hat uns dabei fotografiert und auch die Fotocollage
gestaltet.





                                           






Einführend berichtete Adelheid Sievert von einer besonderen Matinèe, die sie am 12. Januar 2015 im Historischen Museum Frankfurt erlebt hat. Vom 12.1.2015-3.5.2015 sind dort im 13. Sammlerraum erneut die Bilder der Fotografin Gisèle Freund von den letzten freien Maikundgebungen 1932 in Frankfurt und in Worms zu sehen. 1995 hatte Adelheid Sievert diese beeindruckende Fotografin durch die damalige Ausstellung im MMK für sich entdeckt, mit der sie sich in der Folge intensiv in ihren Lehrveranstaltungen und auch in mehreren Veröffentlichungen auseinandersetzte.* Bei diesem Festakt zur Übergabe der Fotoserie als Vermächtnis von Gisèle Freund, Paris, an die Stadt Frankfurt am Main durch das Stifterehepaar Margarethe und Dr. Martin Murtfeld erfuhr sie nun die Geschichte hinter dieser Geschichte:






Damals, 1994, war die Familie  Murtfeld gerade von Frankfurt nach Paris umgezogen und Margarethe Murtfeld besuchte Gisèle Freund in ihrer Dachwohnung. Sie stellte sofort fest, dass die 86-jährige Frau dringend praktische und finanzielle Unterstützung brauchte und handelte nicht nur als Sammlerin. In der Schweizer Zeitschrift „du“, die im März 1993 ein ganzes Heft der Fotografin Gisèle Freund unter dem Titel „Der Archipel der Erinnerung“ gewidmet hatte, hatte sie die Fotoreportage vom 1. Mai 1932 entdeckt, nun vermittelte sie den Verkauf einer Bildserie an die DG Bank und konnte auch Jean-Christophe Ammann für die Ausstellung im MMK gewinnen. Zugleich wurde bereits sehr weitsichtig geplant, dass zum 80. Geburtstag von Martin Murtfeld die 52 Fotografien des Sammlerpaares an das Historische Museum der Stadt Frankfurt übergeben werden sollten.

Dass dies nun nur wenige Tage nach dem schockierenden Anschlag auf die Redaktion von „Charlie Hebdo“ geschah und dass mehrere Freunde des Paares nicht kamen, weil sie an diesem Sonntag an dem Gedenkmarsch für die Opfer in Paris teilnehmen wollten, mache plötzlich die Aktualität dieser historischen Fotografien als Dokumente des Widerstands bewusst, kommentierte Margarethe Murtfeld diesen Akt der Übergabe an die Öffentlichkeit in Frankfurt: „Jetzt sind alle gefordert.“

Zur weiteren Information über die Fotografin Gisèle Freund haben wir einen Nachruf aus dem UniReport zu ihrem Tod im Frühjahr 2000 angehängt, der mit einer Abbildung ihres Studentenausweises von 1931 illustriert war, der im Universitätsarchiv erhalten ist.






Der aktuelle Blick aus dem Fenster – „Kulturcampus Bockenheim“

Seit dem Ausschachten der riesigen Baugrube im Sommer 2012 haben wir ja bei jedem Treffen mehr oder weniger freiwillig die Bauarbeiten vor den Fenstern verfolgt. Inzwischen scheint das architektonisch wenig einfallsreiche siebenstöckige Gebäude nahezu fertig gestellt zu sein, und offenbar wurde auch schon mit der Besichtigung der Wohnungen begonnen. Wenn man den aktuellen Presseberichten glauben kann, dann bleibt es jedoch vorerst bei diesem sicher marktgerecht fabrizierten Teil des so genannten „Kulturcampus“ in Bockenheim. Ein Jahr nach der Sprengung des ehemaligen Uni-Turms ist hingegen das „ambitionierte Zentrum renommierter Kultureinrichtungen, das auf dem Filetgrundstück zwischen Messe und Palmengarten entstehen sollte, in weite Ferne gerückt“ – so der Senckenberg-Generaldirektor Volker Mosbrugger.

Auch beim Antrittsbesuch der neuen Universitätspräsidentin Frau Prof. Dr. Birgitta Wolff im Fachbereichsrat des Fachbereichs Sprach- und Kulturwissenschaften, von dem Georg Peez berichtete, wurde deutlich, dass sich der endgültige Abzug der Universität vom Campus Bockenheim noch voraussichtlich bis Ende 2018 verzögern wird. Damit sind jetzt auch Verhandlungen über die Zukunft des Instituts für Kunstpädagogik offenbar weniger dringlich als im letzten Herbst gedacht. Die Zukunft bleibt weiter ungeklärt, ohne dass dies jedoch Anlass zu Hoffnungen im Hinblick auf anstehende Stellenausschreibungen oder die Bearbeitung eingereichter Studienordnungen geben könnte. Hier herrscht weiter der status quo durch die Verlängerung bestehender Vertretungen und massive Zugangsbeschränkungen durch den NC für die Lehramtsstudiengänge.

Mittags vor unserem Alumnitreffen hatte eine Disputation stattgefunden, mit der wieder ein Promotionsverfahren im Fach Kunstpädagogik erfolgreich abgeschlossen wurde: Martina Ehrich, die von Prof. Dr. Schütz betreut worden war und die bereits am Museum Wiesbaden eine Stelle im Bereich Öffentlichkeitsarbeit inne hat, promovierte mit einer Dissertation zum Thema „Das fotografische Werk von Barbara Klemm – eine Untersuchung zur Veränderung der Wahrnehmung der fotografischen Arbeiten von Barbara Klemm in über 50 Jahren“. 

In einer ausführlichen Vorstellungsrunde berichteten die anwesenden Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Treffens über ihre Arbeitsschwerpunkte und über aktuelle Projekte und Vorhaben, an die sich wie immer zahlreiche intensive Gespräche in kleinen Gruppen anschlossen. Für die Fotografin viele dankbare Motive bot insbesondere der jüngste anwesende kunstpädagogische Nachwuchs, der acht Monate alte Hauke:






Im Anschluss gab es die Möglichkeit zum Besuch der Jahresausstellung von Absolventen aus allen künstlerischen Bereichen, die um 19 Uhr in der Ausstellungshalle des Instituts eröffnet wurde.
Das nächste Treffen der Alumni-Initiative Kunstpädagogik findet vermutlich „wie immer“ am Ende des nächsten Semesters statt, der genaue Termin steht aber noch nicht fest. Um mehr Alumni zu erreichen, die nachmittags arbeiten, beraten wir noch über einen vielleicht etwas späteren Veranstaltungsbeginn im Sommer. Diese Überlegungen wie auch alle weiteren aktuellen Mitteilungen und Berichte der Alumni-Initiative können Sie direkt über unseren Blog abrufen und natürlich auch kommentieren.

Außerdem sind wir auch bei Facebook aktiv – Sie finden uns dort unter
“Ehemalige des Kunstinstituts Frankfurt a.M.“

Mit herzlichen Grüßen aus der “Kunstfabrik“


Prof. Dr. Adelheid Sievert



Teilnehmerinnen und Teilnehmer des 12. Treffens:
Aline von der Assen, Daniela Colic-Bender mit Hauke, Susanne Fejer, Helga Franke-Schafarczyk, Betkin Goethals , Angelika Grünberg, Andrea Issabeigloo, Josef Kirchmaier, Jens Lay, Dagmar Marth, Joachim Menniken, Prof. Dr. Georg Peez, Dr. Marcus Recht, Dr. Angelika Schmidt-Herwig, Prof. Dr. Otfried Schütz, Prof. Dr. Adelheid Sievert, Ina Maria Simon, Dana Tamara Trieb

*Sievert, Adelheid: Gisèle Freund – Fotografin, Wissenschaftlerin, Künstlerin. In: Böhme, Günther (Hrsg.): Die Frankfurter Gelehrtenrepublik. Leben, Wirkung und Bedeutung Frankfurter Wissenschaftler. Idstein 1999, S.125-149
*Sievert, Adelheid: „Aber vor allem muß man die Menschen lieben“: Die Fotografin Gisèle Freund. In: Keim, Christiane/ Merle, Ulla/ Threuter, Christina (Hrsg.): Visuelle Repräsentanz und soziale Wirklichkeit. Bild, Geschlecht und Raum in der Kunstgeschichte. Festschrift für Ellen Spickernagel. Herbolzheim 2001, S.138-149 

Aus: UniReport 4/00 Mittwoch, 17. Mai 2000

Adelheid  Sievert: Frankfurter Erinnerungen zum Tod von Gisèle Freund

Am 31. März ist die berühmte Fotografin Gisèle Freund im Alter von 92 Jahren in Paris einem Herzversagen erlegen – fast 57 Jahre nach ihrer Flucht vor der drohenden Verhaftung am 30. Mai 1933 mit dem Zug von Frankfurt nach Paris.
Als Gisela Freund 1908 in Berlin als Tochter jüdischer Eltern geboren, war sie 1930 nach Frankfurt gekommen, um bei Karl Mannheim Soziologie zu studieren. Bei Mannheim traf sie auf seinen Assistenten Norbert Elias, dem sie nach ihrer eigenen Aussage „alles verdankt“. Er hatte sie angeregt, sich mit der Geschichte der Fotografie auseinanderzusetzen. „Und wenig später erklärte er mir bei einem nachmittäglichen Spaziergang ganz genau, wie man vorgehen könnte. Seine Ratschläge waren sehr wichtig für mich, sie brachten mich auf den richtigen Weg. Danach habe ich nie mehr Hilfe von einem Professor erhalten.“ (Gisèle Freund in „Gespräche mit Rauda Jamis, 1993)
Für ihre Dissertation über die Geschichte der Fotografie im 19. Jahrhundert in Frankreich ging sie für die notwendigen Recherchen für ein Semester an die Sorbonne nach Paris, danach kehrte sie jedoch an die Frankfurter Universität zurück. Als Mitglied der „Roten Studenten Gruppe“, einem sozialistischen Studentenbund beteiligte sie sich hier aktiv am Kampf gegen die Nationalsozialisten. Bei den letzten freien Maikundgebungen zum 1.Mai 1932 fotografierte sie mit ihrer Leica die Demonstrationen der kommunistischen Arbeiterbewegung gegen die Nationalsozialisten, aber auch unter Polizeischutz demonstrierende Burschenschaftler und Zuschauer mit zum Hitlergruß erhobenen Händen. Auch als im Herbst 1932 SA-Stürme die Universität überfielen, fotografierte sie die schwer verletzten Roten Studenten. Nach der „Machtergreifung“ der Nationalsozialisten am 30. Januar 1933 wurden alle liberalen Professoren, bei denen sie studiert hatte, entlassen und das Institut für Sozialforschung emigrierte zunächst nach Paris und dann in die Vereinigten Staaten. Sie selbst konnte sich nur durch ihre beherzte rasche Flucht retten: Morgens hatte sie von einem Magistratsbeamten, dem sie immer politische Plakate zur Genehmigung vorgelegt hatte, die Warnung vor der drohenden Verhaftung ihrer Gruppe erhalten, abends saß sie bereits im Zug nach Paris, die Filme mit dem brisanten Bildmaterial an ihrem Körper versteckt.
Inzwischen sind die geretteten Fotografien zum 1. Mai 1932  nach Frankfurt zurückgekehrt. 1995 wurde die von der DG Bank erworbene Serie erstmals vollständig in einer Ausstellung im Museum für Moderne Kunst präsentiert, zehn der ausgestellten Fotos hat das Museum als Dauerleihgabe für seine Fotosammlung erhalten. Den Katalog gibt es dort noch zu kaufen. Zur gleichen Zeit fand auch im Literaturhaus Frankfurt eine Ausstellung ihrer berühmten Künstlerporträts statt, zu deren Eröffnung Gisèle Freund selbst anwesend war.
„Wiederentdeckt“ wurde Gisèle Freund jedoch bereits viel früher in Frankfurt, als 1968 unter dem Titel „Photografie und bürgerliche Gesellschaft“ endlich die deutsche Erstausgabe ihrer Dissertation an der Sorbonne von 1936 erschien, für die Walter Benjamin seinerzeit die erste Rezension verfaßt hatte. Ihre auf der Dissertation aufbauende Sozialgeschichte „Photographie und Gesellschaft“ ist bis heute ein lesenswertes Standardwerk und als Taschenbuch erhältlich! Ich wünsche Gisèle Freund auch nach ihrem Tode viele Leserinnen und Leser an der Frankfurter Universität, Sie werden eine beeindruckende Fotografin, Wissenschaftlerin und Künstlerin entdecken!