Foto: Dieter Hoffmeister
Foto: Dieter Hoffmeister





Als ich Mitte September endlich in Venedig ankam, um dort wie alle zwei Jahre die Biennale zu besuchen, entdeckten mein Mann und ich zufällig die  Ausstellung "The Light, The Shade, The Depth" der Koreanerin Minjung Kim - kuratiert von Jean-Christoph Ammann! (www.luxembourgdayan.com) Da im Erdgeschoss ein Video der Künstlerin im Gespräch mit Ammann gezeigt wurde und die Künstlerin auch anwesend war, sprach ich sie an und erzählte, daß ich aus Frankfurt von dem Institut komme, in dem ihr Kurator viele Jahre als Honorarprofessor gelehrt hatte und sie schenkte mir ihren Ammann gewidmeten Ausstellungskatalog mit einem einführenden Text von ihm. Erst bei meiner Rückkehr erfuhr ich erschrocken, dass Jean-Christophe Ammann zu dieser Zeit bereits gestorben war und mit Hilfe von Volker Bunte, auch einem unserer Alumni, fanden wir dieses Video im Internet - in seiner Frankfurter Wohnung sein vielleicht letzten dokumentiertes Künstlergespräch (Minjung Kim in Conversation with Jean-Christophe Ammann by Enrico on 3. April 2015 Vernissage.TV)! (Der Beitrag kann unter folgender URL abgerufen werden: http://vernissage.tv/2015/04/03/minjung-kim-in-conversation-with-jean-christophe-ammann/)
Mein Kollege Professor Otfried Schütz, der seinerzeit den jungen Direktor des MMK zunächst als Dozenten für unser Institut gewonnen hatte und dann auch die Initiative zur Honorarprofessur zum Erfolg führte, war sofort bereit, für uns auch diesen Nachruf zu verfassenden - ganz herzlichen Dank auch dafür!

Ihre

Prof. Dr. Adelheid Sievert



Im September 2015 starb Jean-Christophe Ammann, Kollege und vielgerühmter Vermittler der zeitgenössischen Kunst, nach langer Krankheit in Frankfurt. Seit 1992 nahm er an unserem Institut einen Lehrauftrag wahr, mit dem er viele Studierende an die zeitgenössische Kunst, die er in seinem von ihm geführten Museum für Moderne Kunst präsentierte, heranführte. Er schaffte nicht selten das Kunststück, sprechen über das Unaussprechliche der Kunst zu lehren – unvergessen sind seine fast prophetischen Auftritte, in denen seine Gestik, Formulierungen  und Einfühlung vor den Artefakten auf den Zuhörer übersprangen. Daneben suchte er immer wieder den Kontakt zu Künstlern und künstlerisch tätigen Kollegen, aus deren Gesprächen sein Kernsatz der Kunstbetrachtung resultierte: ‚…auch so (wie der Künstler, O.S.) denken können’. Das empfahl ihn nachdrücklich für eine dauerhafte Einbindung in unser Institut, dem auch die Entscheidungsgremien zustimmten: 1998 wurde er auf Antrag des Institutes für Kunstpädagogik von der Universität zum Honorarprofessor ernannt. Gegen die Bedenken der Universitätsleitung verlegte ich seine Antrittsvorlesung in sein Museum und ich konnte in meiner Einführung als Dekan auch seine besonderen didaktischen Fähigkeiten herausstellen – in der anschließenden Vorlesung thematisierte er dann erotische Bildmotive in der japanischen Kunst, was teilweise lautstarke Kommentare einiger Zuhörer provozierte. Aber ikonographische Grenzüberschreitungen waren ihm eine Pflicht und Passion zugleich, womit er auch seine Arbeit im Museum immer wieder neu begründete und was ihm einen breiten Zuspruch bei seinen  Zuhörern sicherte. Für Generationen von Studierenden der Kunstpädagogik bleiben seine persönliche Begeisterung für das Lehrgespräch vor dem Original im Museum zugleich Vorbild und Ansporn, das Verständnis für die zeitgenössische Kunst weiter zu geben.

Prof. Dr. Otfried Schütz



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